Die DDG bekommt stätig neue Mitglieder. Doch wer sind diese „Neuen“ eigentlich? Was bewegt sie und wie stellen sie sich ihre Zukunft vor? Um diesen Fragen auf die Spur zu kommen, haben wir mit Elisabeth Vikydal gesprochen. Sie ist Ende Oktober 2018 Mitglied geworden und war auch schon auf dem Wiener After Work zum 15. DDG Geburtstag und auf dem DDG Netzwerktag.

Elisabeth wird von allen nur Elli genannt, man hört sie meist vom weiten laut lachen und ihr österreichischer Akzent ist unverwechselbar. Sie ist aktiv im DK Wien, gibt Schülern in ihrer Freizeit Debattiertrainings und studiert Kunstgeschichte.

Netzwerkreporter: Warum hast du dich für Kunstgeschichte als Studium entschieden?

Elli: Nachdem ich die Matura gemacht habe, das ist österreichisch für Abitur, war ich ein halbes Jahr in Rom Au Pair und habe Freunde kennengelernt. Einige davon waren Kunsthistoriker und ich war sehr viel im Museum in Rom. Dort ist die Kunst unglaublich vielschichtig. Das hat mich begeistert, und ich habe mich für dieses Studium entschieden.

Elisabeth bei einer Showdebatte im vergangenen Jahr im Haus der Baker McKenzie Kanzlei in Wien

Netzwerkreporter: Wie sehr geht dir die Frage: „Was willst du damit machen?“ auf die Nerven?

Elli: Oh Gott, die geht mir richtig auf die Nerven. Weil ich keine Antwort dafür habe. Im Endeffekt ist meine Antwort: Ich werde mit dem nichts machen. Weil ich nicht im Kunstbereich arbeiten will. Ich habe im Debattieren mehr fürs Leben und mehr umsetzbare Fähigkeiten für die Arbeitswelt als an der Uni gelernt. Meine Eltern fragen mich auch immer was ich werden will. Das ist eine schwere Frage. Zurzeit unterrichte ich Schüler und Schülerinnen im Debattieren. Es ist spannend, mit den Lehrern und Schülern zu arbeiten. Träger des Projekts ist die Arbeiterkammer Wien. Diese Arbeit macht mir wirklich viel Spaß und ich könnte sie mir auch längerfristig vorstellen.

Netzwerkreporter: Bist du jemand, der primär von Spaß getrieben ist und ihm folgt, oder hast du klare Ziele im Leben?

Elli: Mir sind Leute suspekt, die mit 10 Jahren schon wissen, was sie tun wollen. Die ganz sicher sagen: „Ich wohne dann in der Straße meiner Mutter, habe den einen Job und wenn das dann nichts wird, bricht die Welt zusammen.“ Ich bin mehr jemand, der sieht, wo das Leben mich hinführt. Es ist für mich nur wichtig, dass ich nicht gelangweilt bin und Herausforderung habe. 

Netzwerkreporter: Was war die letzte Herausforderung für dich?

Elli: Ich habe für die Uni eine literaturwissenschaftliche Hausarbeit geschrieben, da habe ich mich lange vor gedrückt, weil ich dachte, ich schaffe das nicht. Ich hatte in der Schule Probleme mit meiner Deutschlehrerin und daher eine ziemliche Blockade. Aber am Ende habe ich ein „Sehr Gut“ bekommen. Das war ein schönes Erlebnis, weil ich gedacht habe, nur weil dir jemand in der Vergangenheit gesagt hat, wie inkompetent du bist, bedeutet es irgendwann nichts mehr. Nur weil dich Hater runter machen – um es neumodisch auszudrücken –, heißt das nicht, dass es stimmt. Ich glaube, ich habe auch gelernt, an mich selbst zu glauben und diesen Glauben aus vielen Situationen zu nehmen. Wir organisieren gerade die Campus-Debatte in Wien und ich bin nun zum ersten Mal in der Position, Wissen weiter zu geben, z.B. zur Organisation und Social Media. DAs ist ein Neues, aber großartiges Gefühl: Experte zu sein und zu wissen, dass man Wissen weitergibt.

Netzwerkreporter: Motiviert es dich, Dinge weiter zu geben?

Elli: Also ich könnte kein Streetworker sein, das würde mich runterziehen. In sozialen Berufen brauchst du eine dicke Haut, damit dir vieles nicht nahe geht. Das habe ich nicht. Aber ich finde es toll, mit Menschen zu arbeiten und soziale Dinge zu machen. Administrative Arbeit wäre nichts für mich.

Netzwerkreporter: Stell dir vor, ein Alien nimmt aus der Ferne zu dir Kontakt auf, und er wünscht sich, dass du dich beschreibst. Was wäre diese Beschreibung?

Elli: Du stellst Fragen! Mein Charakter ist liebevoll und nicht misstrauisch, ich bin schlagfertig und kann mal einen wilden Spruch raushauen. Ich finde es schwer, mich selbst als intelligent zu Bezeichnen. Ich glaube, das ist so eine Frauenkrankheit. Ein Mann hätte kein Problem, das von sich zu geben. Wissbegierig bin ich, das kann ich sagen. Ich bin ziemlich wissbegierig und kann mich mit einem einzigen Thema tagelang beschäftigen.

Netzwerkreporter: In welches Thema hast du dich zuletzt hineingestürzt?

Elli: Jetzt gerade habe ich Wiedererzählungen von griechischen Mythen. Zum Beispiel „Das Lied von Achilles“ von Madeline Miller. Sie erzählt die Geschichte von Patroklos und Achilles, die beste Freunde in der Ilias waren. Aber in ihrer Wiedererzählung sind sie Geliebte. Das Buch erzählt die Geschichte der Ilias aus der Sicht des Liebespaares wieder. Von der gleichen Autorin gibt es auch das Buch Circe, das das Leben der Nymphe Circe feministisch aufarbeitet. Und dann lese ich alles und schaue alles, was es dazu gibt. Ich habe mir auch die Ilias geholt und stürzte mich in das Thema.

Netzwerkreporter: Du hast jetzt ein Plakat, auf das du drucken kannst, was du willst und es hinstellen kannst, wo du willst. Was wäre drauf und wo kommt es hin?

Elli: Ich hasse unsere Regierung. Unsere Version von der AFD hat ja gerade eine Koalition mit unserer Version von der CDU. Sie machen mich wütend. Sie drehen Bildungsreformen zurück und stehlen von den Bedürftigen. Wenn ich so ein Plakat hätte, würde es ein riesiger Mittelfinger sein und ein Spruch wie: „Strache und Kurz Schleichts eich!“

Das von Elli gewünschte Plakat, gemalt von Jule auf einer virtuellen Betonwand.

Netzwerkreporter: Wenn du jetzt ein Aufruf starten könntest, um jemanden zu finden, um etwas zu starten, etwas anzufangen, zu bewegen oder zu machen. Was würdest du fragen?

Elli: Ich habe Angst vor der politischen Lage in Europa und Österreich und mir ist demonstrieren nicht genug. Wenn jemand etwas mit mir gegen den Strom von Rechts tun könnte, das wäre super. Ich weiß selbst nicht wie, eine Idee wäre also toll. Aber dennoch: ich will mitmachen!